Supercomputer sind heute eine entscheidende Schlüsseltechnologie und werden in Wissenschaft und Wirtschaft immer wichtiger. Forschungseinrichtungen setzen die Hochleistungsrechner für Simulationen etwa in der Klimaforschung und Astronomie ein oder für eine personalisierte Medizin. Autohersteller optimieren mit Superrechnern Fahreigenschaften von neuen Autos und Impfstoffe wie COVID-19-Vakzine könnten ohne die Hilfe von Supercomputern nicht oder nur viel langsamer entwickelt werden.
Die High-Performance-Rechner haben sich in den letzten Jahren mehr oder weniger stetig verbessert. Heute schafft ein mit Rechen-GPUs ausgestatteter Supercomputer eine Kalkulation, die vor zwanzig Jahren auf einem Multi-Millionen-Euro-System Wochen gedauert hätte, in nur wenigen Stunden. Nun steht die nächste Größenordnung an Rechenleistung vor der Tür: Exascale Computing.
Exascale-Maschinen sind in der Lage sein, eine Quintillion Gleitkommaoperationen pro Sekunde (Flops) auszuführen – das sind eine Milliarde Milliarden – oder 1.000.000.000.000.000.000 Operationen. Damit rechnen sie fünfmal schneller als die heutigen Spitzen-Supercomputer und bewältigen komplexere Modelle mit höherer Genauigkeit. Sie werden in erster Linie bessere wissenschaftliche Analysen und Modelle sowie genauere Vorhersagen ermöglichen – zum Beispiel bei der Wettervorhersage oder Klimamodellierung.
Um diese neuen Höchstleistungen zu erreichen, verfolgen die Entwickler einen heterogenen Ansatz. Dieser besteht im Wesentlichen aus integrierten CPUs und GPUs und einer iterativen Optimierung sowohl der Hardware als auch der Software. Auf diese Weise werden neue Leistungs- und Effizienzniveaus bei geringeren Kosten pro FLOPS erreicht.
Der erste Exascale-Rechner
Den Wettlauf, den ersten Exascale-Rechner zu bauen, haben die USA gewonnen. Zusammen mit dem US-Energieministerium, dem Oak Ridge National Laboratory, haben AMD, HPE und Cray den ersten offiziell anerkannten Exascale-Supercomputer der Welt entwickelt: Das System nennt sich Frontier und hat mit 1,102 Exaflops/s Rechenleistung die Marke von einem Exaflops überschritten. An der Spitze liefert der Superrechner bis zu 1,69 ExaFlops und hat dabei auch noch Spielraum, um nach weiteren Optimierungen zwei ExaFlops zu erreichen. Dies bedeutet den ersten Platz in der Top500-Liste der schnellsten Supercomputer der Welt.
Frontier den bisherigen Spitzenreiter, den japanischen Fugaku, nicht nur überholt, sondern ihn zudem weit hinter sich gelassen. Frontier ist sogar schneller als die nächsten sieben Supercomputer auf der Liste zusammen. Ermöglicht wird diese Performance durch 9.408 Prozessoren der Serie AMD EPYC in der optimierten Trento-Variante, deren 64 Kerne aus Effizienzgründen nur mit 2 GHz takten. Hinzu kommen pro Prozessor vier GPU-Beschleuniger AMD Instinct MI250x, die spezielle für Exascale-Systeme entwickelt wurden.
Frontier soll die Innovationen in Wissenschaft und Technologie antreiben und den USA helfen, im Wettstreit mit China ihre Führungsrolle in den Bereichen Hochleistungsrechnen und KI zu behaupten. Ein noch leistungsfähigeres System der Exascale-Klasse, genannt El Capitan, wird voraussichtlich 2023 in den Lawrence Livermore National Labs in den USA gebaut.
Der Weg Europas
Anders als in USA oder China geht Europa beim Supercomputing seine eigenen Wege. Hier steht nicht der Wettbewerb im Vordergrund, sondern kooperative Ansätze und die Bündelung von Ressourcen, um ein leistungsfähiges Ökosystem für Supercomputer zu generieren. Horizon Europe, ein mit 80 Milliarden Euro gefördertes 7-jähriges EU-Rahmenprogramm, will Supercomputing und insbesondere die Entwicklung von Exascale-Rechnern vorantreiben.