Dr. Werner Vogels, Vice President und Chief Technology Officer von Amazon, blickt auf die Anfänge des Unternehmens zurück. Als er 1998 zu Amazon kam, war er beeindruckt von den Systemen, die das Unternehmen in einer Größenordnung aufgebaut hatte, wie er sie nie zuvor gesehen hatte. Da keine kommerzielle Technologie Amazons Größenordnung bewältigen konnte, setzte man auf eine eigens entwickelte Architektur.
Zu den größten Herausforderungen zählten die Datenbanken. Sie waren den wachsenden Aufgaben nicht gewachsen und begrenzten die Zuverlässigkeit und den Umfang von Amazon. Die Ingenieure mussten viel tun, um sicherzustellen, dass alles richtig funktionierte. Amazon entwickelte Pionierleistungen wie Empfehlungen, Vergleiche und Kundenrezensionen – Dinge, die wir heute auf jeder E-Commerce-Website sehen.
Manifest über verteiltes Rechnen
Doch die Produktivität der Entwickler sank. 1998 verfassten Amazon-Ingenieure ein Manifest über verteiltes Rechnen mit dem Ziel, Daten und Code zu vereinen. Außerhalb dieser speziellen Funktionalität war kein direkter Datenbankzugriff mehr erlaubt. Stattdessen wurde eine API eingeführt, wodurch die Datenbank nicht länger als gemeinsam genutzte Ressource fungierte.
Allerdings machte Amazon auch Fehler. Beispielsweise erfolgte eine datengesteuerte Dekomposition anhand von drei zentralen Datensätzen: Kunden, Artikel und Bestellungen. Doch schon bald hatte dieser Dienst mit denselben Problemen zu kämpfen wie zuvor die monolithische Software-Architektur. Manche Komponenten hatten hohe Skalierungsanforderungen, andere nicht. Amazon begann mit der funktionalen Zerlegung – was heute Microservices genannt wird.
Doch die Produktivität der Entwickler nahm weiter ab, weil jeder von ihnen immer komplexere Rechenumgebungen verwalten musste. Amazon begann mit dem Aufbau einer Shared-Services-Umgebung für Datenbank, Computing und Storage. Das war der Ausgangspunkt für AWS. Zudem wollte Amazon auch anderen Unternehmen diese Services zur Verfügung stellen – die Geburtsstunde von Amazon Web Services, wie wir es heute kennen.
„Entwickle dich oder stirb!“
Vogels fasst es so zusammen: „Evolve or die – entwickle dich oder stirb!“ Er selbst hat seiner Meinung nach einen der tollsten Jobs überhaupt und verbringt viel Zeit damit, Unternehmen zu unterstützen, die einige der schwierigsten Probleme der Welt lösen wollen. Jedes Jahr veröffentlicht er seine „Predictions“. Eine seiner Vorhersagen vom letzten Jahr hat sich bereits bewahrheitet: kulturbewusste Large Language Models (LLMs).
Seine Vision für die kommenden Jahre: Es gilt, unrealistische Erwartungen und Ängste rund um KI-Technologien abzubauen und ein klares Verständnis ihrer tatsächlichen Möglichkeiten zu fördern. Da die meisten Aufsichtsbehörden aus Juristen sowie Politikern und nicht aus Technologen bestehen, ist gezielte Aufklärung nötig – damit Entscheidungen sachlich fundiert sind und nicht aus Angst vor dem technologischen Rückstand getroffen werden.